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Die Redaktion - Folge 7: Brontal

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"Gewalt? Also wenn ich spiele, dann sehe ich keine Gewalt. Da ist ja dann alles so voller Blut, wo willst du denn da noch was erkennen?" (Gewaltbereiter Computerspieler)


   











   
Cast & Credits:
Alex Beck
Michael Graf
Robert Horn
Heiko Klinge
Gunnar Lott
Daniel Matschijewsky
Uwe Miethe
Walter Reindl
Christian Schmidt
Petra Schmitz
Mick Schnelle
Toni Schwaiger
Jörg "Marku" Spormann
Michael Trier

und 31 GameStar-Leser

Sprecher:
Henry Ernst, GamePro

Musik:
Jochen Gerold

Drehbuch:
Christian Schmidt
Michael Graf

Regie & Produktion:
Toni Schwaiger

Länge: 9:33 Min. (inkl. Outtakes)
Erschienen in: GameStar 07/2005


Kurzbeschreibung

Das Magazin "Brontal" berichtet über gefährliche Gewaltspiele und befragt dazu Branchenexperten und die Jugend. Natürlich alles streng seriös und unparteiisch.

Inhaltsangabe

Nach einer Einführung mit Szenen aus "Doom 3" ("Metzle unbewaffnete Unschuldige nieder, indem du kleine Tiere nach ihnen wirfst") und "World of Warcraft" ("Es gibt nur ein Ziel: plündern, ausrotten, Schwertvergleich") kommt ein "Gewaltbereiter Spieler" zu Wort, der über seine Metzelorgien berichtet - die aber offenbar nichts mit Computerspielen zu tun haben, denn in der Hinsicht hat er nur Tetris-Erfahrungen. Ein anderer Spieler, den man nur von hinten sieht, gibt so erschütternde Kommentare wie "Ey lol, kotzt mich das an, ey!" und "Boah, Alter, ey!" von sich - ein klares Indiz für die schädliche Wirkung von Spielen.

Ein "gewaltbereiter Wissenschaftler" kommt zu Wort - natürlich ungekürzt und ungeschnitten - und erklärt, dass wissenschaftliche Studien erwiesen haben, wie gefährlich Gewaltspiele sind. Auch ein Industrievertreter kommt zu Wort, der erklärt, dass nur noch Blut und Morde produziert werden - also, irgendwie jedenfalls.

Szenen von einer LAN-Party zeigen, dass sich vor allem Jugendliche (also in diesem Fall Leute unter 50) auf diesen Veranstaltungen abmetzeln. Auch die Altersfreigabe wird nur selten kontrolliert. So zeigen Aufnahmen mit der versteckten Kamera, dass Kinder in einem Münchner Gewaltspielegeschäft sogar Spiele ohne Altersfreigabe bekommen können. Skandal!!!

Auch das verzerrte Frauenbild in Spielen wird untersucht. So kommt Branchenexpertin Petra Schmitz zu dem Schluss: "Ääääh..."

Auch die Politik kommt zu Wort. So erklärt Innenminister Schwerdtel, dass Haartrockner staatszersetzend und Gewalt verherrlichend seien - bis ihm einer verrät, dass es um Computerspiele geht (die natürlich ebenfalls staatszersetzend und Gewalt verherrlichend sind). Doch die Politik tut etwas. Künftig sollen Polizei und Müllabfuhr Besitzer Gewalt verherrlichender Computerspiele schon beim ersten Verdacht niederschießen dürfen.

Was fehlt noch? Richtig, der Drucker ganz am Ende. Außenreporter Marku Spormann bekommt in einem Münchner Einkaufszentrum Probleme mit gewaltbereiten Computerspielern.


Review

Um es gleich vorweg zu nehmen: Mit dieser Folge haben sich die Drehbuchautoren Christian Schmidt und Michael Graf selbst übertroffen, ganz zu verschweigen von Regisseur Toni Schwaiger und den zahlreichen Darstellern.

Die Episode ist eine äußerst gelungene Parodie auf das ZDF-Magazin "Frontal 21", das auf äußerst unseriöse und vor allem sehr subjektive Art und Weise behauptet, Computerspiele würden aus Kindern und Jugendlichen gewaltbereite Mörder und Amokläufer machen.

Diese Folge von "Die Redaktion" zeigt - natürlich völlig unauffällig - wie man mit geschickten Schnitten, Verdrehung von Tatsachen oder bestechlichen Haartrocknern... äh, Politikern seine Meinung durchboxen und vielleicht auch die Zuschauer beeinflussen kann. Die Gags in dieser Episode zünden fast alle (lediglich Heiko Klinge grimassiert für meinen Geschmack etwas zu übertrieben) und es gibt keine Langeweile oder Durchhänger.

Dass die einzelnen Szenen ohne allzu engen Zusammenhang zusammengeschnitten wurden, stört bei dieser Folge überhaupt nicht, denn das unterstützt nur den Eindruck eines politischen Magazins, und es gibt ja das gemeinsame Grundthema, das sich durch alle Passagen zieht.

Alles in allem also uneingeschränkt empfehlenswert. Was war noch mal "Raumschiff GameStar"?

Fazit:
Geniale "Frontal 21"-Parodie, so ziemlich das Beste, was es bisher in "Die Redaktion" zu sehen gab.


Erwähnenswertes

Folgende rot markierte Stellen wurden aus dem Interview mit dem "gewaltbereiten Wissenschaftler" herausgeschnitten (auch an dem Countdown oder eher "Countup" im Hintergrund gut zu erkennen):
"Wissenschaftliche Studien lassen keinen Zusammenhang zwischen Spielen und Gewaltbereitschaft erkennen. Es bestehen berechtigte Zweifel daran, dass Spiele direkt aggressionssteigernd wirken. Das ist ein altes Vorurteil, aber bis heute nicht erwiesen. Wir sehen in der Forschung immer wieder den Vorwurf: Euch interessiert doch nur, wenn zum Beispiel Hooligans nach Fußballspielen ausrasten, aber [Einschub: Wir sehen in der Forschung immer wieder] das Gewaltpotenzial von Spielen untersucht ihr nicht. Also das kann man so nicht sagen."

Das Antwortschreiben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums (bei 5:55) ist in Wahrheit die erste Seite des Drehbuchs der Folge.

Auf den Briefumschlägen, die einige Sekunden zuvor in die Kamera enthalten werden, stammen zum großen Teil von Lesereinsendungen zum "Mal"-Wettbewerb (siehe Vorletzte in GS 6/2005). Außerdem befindet sich darunter ein Umschlag von "Räbiger" (was auch immer das ist), ein Brief an Walter Reindl und ein Beitrag zur Trackmania-Verlosung. Jetzt ist nur noch die Frage, wem die tätowierte Hand gehört, welche die Briefe in die Kamera hält.


Kommentare

Mick Schnelle im Insider-Special: "Schwaiger? Sprechen Sie mich nicht noch mal auf den Namen Schwaiger an. Der hat mich nämlich gezwungen, in diesem voll besetzten Computerspieleladen diese dämliche Szene zu drehen, wieder und wieder und wieder. 'Und wir drehen sie noch einmal' - 'Ach komm, noch einmal aus der anderen Perspektive!' Mit dieser blöden Resi-Kleinhirn-Perücke auf."

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